Montag, 27. Juli 2009

Der hegensteinbach in Fürstenberg ist ein echter Geheimtipp

Die Wasserstadt Fürstenberg schafft sich immer mehr Zugänge zum Wasser. Wo gestern noch wildes Gestrüpp war, können Fürstenberger und Gäste heute promenieren und wandern. Michael Wittke stellt in loser Folge die schönsten Stadt-Wasser-Wege vor. FÜRSTENBERG Wir sind wieder mit dem Kanu unterwegs, auf der neuen Altstadt-Route. Gänsehavel, Kanurutsche, Wasserwanderrastplatz und dann links abgebogen in den Iserdiek – das ist der Havellauf, der das Schloss umspült. Er mündet in den Schwedtsee direkt beim Restaurant „Am Yachthafen“. Danach durchquert man die Stadtparkbucht und hat die Wahl, entweder gleich rechts weiter übern See zu fahren oder zuvor einen Abstecher zu machen in ein weiteres Idyll der Wasserstadt, den Hegensteinbach. Das wollen wir hier nachdrücklich empfehlen.Der Hegensteinbach ist bisher ein echter Geheimtipp. Einen knappen Kilometer weit, bis zur Eisenbahnbrücke, über die heute die Draisine fährt, dürfen Wasserwanderer den Hegensteinbach befahren. Von dort an steht das Gebiet unter Naturschutz (eines der ältesten in Deutschland) und man muss umkehren – oder zu Fuß weitergehen, was auch ein Erlebnis ist. Ab der Brücke an der ehemaligen alten Gärtnerei beginnt ein Wanderweg, der entlang des Baches führt, bis der in den Thymensee fließt. Von dort können Wanderer in Richtung Fürstenberg zurückgehen oder einen Abstecher zum Paulssee machen, einem kleinen, sehr idyllischen Waldsee. Man muss Kenner der Örtlichkeit sein, um auf dem Schwedtsee die Mündung des Hegensteinbachs zu finden, westlich der Basis von „Locaboat“. Dessen Wettbewerber „Cardinal Cruising“ vom Röblinsee hat die Truppe inzwischen aufgekauft. Nun gibt es nur noch einen großen Anbieter in Fürstenberg, der europaweit Stationen unterhält. Zwei Schiffstypen sind für den Konzern unterwegs: die Penichette, deren Gestalt den Habitus französischer Lastkähne nachempfindet. Und der Europa-Typ der Engländer mit der Anmutung einer schnittigen Mittelmeer-Yacht. Für Liebhaber des mecklenburgisch-brandenburgischen Seenlandes also eher gewöhnungsbedürftig, gleichwohl im Geschmack der Zeit. Wer Locaboat rechts liegen lässt und durch die Schneise im Seerosenfeld linkerhand paddelt, kommt an den letzen Bootsschuppen vorbei und liegt vor der Mündung des Hegensteinbachs. Das Gewässer bietet ein Ambiente wie im Spreewald und ist recht stattlich für einen Bach. Es mäandert sich durch den Erlenbruch, einen Auwald, der nur auf einer Seite besiedelt und deshalb von Gärten begrenzt ist. An der Gartengestaltung kann man im Seenland zuverlässig abschätzen, wie die Bewohner solcher Grundstücke zum Wasser stehen und wie sie ihren Garten nutzen. Die Zahl derjenigen, die daraus ein Schmuckstück machen und es im Sommer nutzen wie sonst nur ihr Wohnzimmer, nimmt zu. Ein paar sind aber auch noch dabei, die glauben, wo Wasser ist, sei die Rückseite, und „hinten“ könne man ablagern, was man aus den Augen haben wolle. Manche verbarrikadieren sich auch zum Wasser hin wie einst Robinson gegen die unbekannten Wilden. Aber immer mehr bemerken und korrigieren diesen Irrtum.Bis zur Straßenbrücke Lychener Chaussee ist die Passage störungsfrei, unter der Brücke bietet die Strömung Gelegenheit für eine kleine sportliche Einlage. Zurzeit ist unser Wasser außergewöhnlich klar, fast wie im Peetschsee bei Steinförde. Im Kanu hat man den Eindruck, auf einem Aquarium zu schwimmen. Beim Thema Fische unterscheidet sich die Menschheit bekanntlich in Angler und den Rest der Welt. Angler sind Naturfreunde mit ganz speziellem Blick: mit dem des Jägers, dem eine zweckfreie Naturbeobachtung meist nicht nahe liegt. Und so stehen auch im Hegensteinbach Angelfreunde im Kahn, werfen ihre „Senke“ aus und fangen damit „Stecker“. Das sind Fische, die nicht Ziel, sondern Ausgangspunkt der Sportangelei sind, kleinwüchsige Köder, die auf den Haken gespießt werden, damit sich Größeres an ihm verschluckt – selbstverständlich zuvor vom lizensierten Raubfischangler waidgerecht erlegt.Der Hegensteinbach ist wohl Heimat zahlreicher Angelfreunde, darauf deuten die Jagdfahrzeuge am Ufer hin. Bachaufwärts passiert man nämlich zwei Dutzend unförmige Plasteschüsseln, Kähne vom Typ „Anka“, unverwüstliche Behälter, die der Kaffenkahn-Skipper Peter Alker scherzhaft als „optische Umweltverschmutzung“ einstuft. Er muss es wissen, denn Peter Alker ist nicht nur Urgestein des Tourismus in Fürstenberg, sondern auch gelernter Bootsbauer mit klarem Blick für Form und Funktion.Er hat unter anderem den bisher einzigen Holz-Havelkahn entworfen, der durch den Fisch-Kanu-Pass passt, die „Josephine“ im Verleih der „Alten Reederei“. Dieser Kahn passt optisch perfekt zum Ambiente des Hegensteinbachs und ist ein Fotomotiv wie vor hundert Jahren. Aber das interessiert vielleicht den zweckfrei beobachtenden Naturfreund, bleibt jedoch für den Jäger ohne praktischen Belang.Wie schön, dass das Seenland Platz für beide Sorten Wasserfreunde hat. Wir jedenfalls fahren mit unserem Plastik-Kanu fröhlich fischlos weiter und freuen uns auf die nächsten Impressionen in der Wasserstadt

Keine Kommentare: